Was wir uns vorgenommen haben…

Karsten Senne

Haushaltsrede 2022 der GRÜNEN Ascheberg im Dezember 2021

Karsten Senne, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stohldreier,

sehr geehrte Damen und Herren,

Im letzten Jahr hatte ich meine Haushaltsrede unter das Motto gestellt:

„Nicht kleckern sondern klotzen“.

Dieser Aufruf ist im vorliegenden Haushaltsplan befolgt worden, allerdings auf eine Weise, die wir uns so nicht vorgestellt hatten, denn  trotz  millionenschwerer  Einnahmen sehen wir im Budget 2022 ein Defizit von ca. 3,5Millionen Euro auf uns zukommen. Heißt „klotzen“ Schulden machen?

Ich zitiere aus der Haushaltsrede des Bürgermeisters: „Durch unsere starke Finanzkraft bekommen wir keine Schlüsselzuweisungen mehr. Die Gemeinde ist abundant.“

Dieses Wort „abundant“ hat mich überrascht und ich habe nach einer fachspezifischen Erklärung gesucht. Fündig wurde ich im Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft unter dem Begriff „Abundante Kommune“. Hier wird der Fachbegriff folgendermaßen erklärt. Ich zitiere:

 „Für Kommunen wird im Rahmen der Länderregelungen zum kommunalen Finanzausgleich die Differenz zwischen Finanzkraft und Finanzbedarf errechnet. Bei den meisten Kommunen ist der Finanzbedarf höher als die Finanzkraft, so dass ihnen ein Ausgleich über den kommunalen Finanzausgleich zusteht. Sind beide Beträge gleich hoch oder ist die Finanzkraft höher, so erhält die Kommune keinen Ausgleich in Form von Schlüsselzuweisungen, muss jedoch in den meisten Flächenländern auch nichts abgeben.“  (Zitat-Ende)

Mein erster Gedanke: Glück gehabt, wir bekommen nichts mehr, müssen aber auch nichts abgeben.

Die nächste Überlegung: Können wir eine abundante Kommune bleiben, wenn bis 2025 in jedem Jahr ein defizitärer Haushalt zu erwarten ist? Müssen wir nicht befürchten, dass auf diese Weise die gesamten Rücklagen von über 15 Millionen € aufgezehrt werden? Auf lange Sicht ist das so nicht hinnehmbar!

Natürlich sehen wir, dass uns über 2 Millionen € entgehen durch die Steigerung der Kreisumlage zusammen mit der Jugendamtsumlage. Die beiden  Beträge allein können aber noch nicht dieses Defizit begründen, vor allem wenn man bedenkt, dass wir im Jahr 2022 sogar von eine Steigerung der Einnahmen bei der Gewerbesteuer von 1 Million Euro zu erwarten haben.

In den letzten Jahren wurden die Haushalte alle mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Dies bescherte uns ein gut gefülltes millionenschweres Rücklagenkonto. Den letzten Gemeinderäten, insbesondere auch der Verwaltung und nicht zuletzt den Gewerbetreibenden und Bürgern gebührt ein großes Dankeschön. Die Gemeinde DAH steht aufgrund  dieser guten Haushaltspolitik der Vergangenheit finanziell außergewöhnlich gut da.

Das ermöglicht uns jetzt, außergewöhnlich viele Dinge gleichzeitig anzuschieben.

Besonders die Investitionen in die Kitas, die Schulen, den Ausbau der OGS und die Sanierung des Hallenbades in Herbern begrüßen wir ausdrücklich. Sie kommen  in vollem Umfang den Kindern unserer Gemeinde, den Familien und damit allen Bürgerinnen und Bürgern zugute, um deren Wohl  es ja in allen unseren Entscheidungen vorrangig gehen muss!

Unsere Gemeinde gehört zu den finanzstärksten im ganzen Münsterland. Trotz Corona kamen wir auf ein positives Ergebnis im Haushalt 2020. Im Jahr 2021 ist ebenfalls ein „leichtes Plus“ zu erwarten. Wer – wenn nicht wir – könnten dann die Prinzipien der Nachhaltigkeit in all unseren Entscheidungen umsetzen.

Wir freuen uns in diesem Zusammenhang natürlich, dass in den Haushaltsplan eine neue Anlage eingefügt wurde. „ Anlage 11: Klimarelevante Positionen im Haushaltsplan 2022“. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir da allerdings Produktbereiche, deren Klimarelevanz nicht ganz nachvollziehbar ist:

  • Ortskerngestaltung Ascheberg, Ansatz 1,3Millionen €! Sind ein paar Bäume und Ladestationen sowie Regenwasserversickerung schon ein bedeutsamer Beitrag zum Klimaschutz?  Beton und Pflastersteine  haben dagegen  eine eher schlechte CO2 Bilanz, sorgen sie doch  für einen erheblichen CO2-Austoß!
  • Bau einer Druckrohrleitung und eines Pumpwerkes von Herbern nach Ascheberg: 875 000 €. Hier bleibt trotz moderner  Energiegewinnung aus den Klärschlämmen und einer kleinen PV-Anlage eine Energielücke von 200.000 kWh!
  • Bau einer barrierefreien Rampe am Bahnhof Davensberg 176.000€ – wünschenswert, aber deswegen auch klimarelevant?

4,5 M€ wurden hier insgesamt ausgewiesen. Die Beiträge zu einem echten Klimaschutz aus diesen Positionen sind aber eher gering. Denn Klimaschutz – das wissen wir alle – bedeutet in erster Linie CO2 Vermeidung. Dies muss bei all unseren Entscheidungen der künftige  Maßstab sein, denn bis 2025 soll, laut Beschluss des Gemeinderates vom 10.12.2015, eine CO2 -Reduzierung in der Gemeinde Ascheberg um 35% erfolgen.

In dem hervorragenden Klimakonzept von 2015 wird u. a. gefordert:

  • Förderung des Umweltbewusstseins und Aktivierung der Betroffenen und Mitwirkenden durch umfassende Informationen und Beratung.
  • Angebote zur Umwelterziehung,
  • intensive Öffentlichkeitsarbeit, Aktionen, Multiplikatorenfortbildung etc.

Verglichen mit diesen immerhin 6 Jahre alten Forderungen des  Klimakonzeptes von 2015 können wir zu den  Zielen  für Klima-, Umwelt- und Naturschutz im Haushaltsentwurf für 2022 nur sagen:    Zu klein gedacht, zu kurz gesprungen!  Ich sage dies bewusst provozierend, um uns klarzumachen, dass es Zeit wird, endlich konkreter zu  werden!

Wir müssen nicht nur Ziele formulieren sondern sie mit Handlungsoptionen verbinden:

  • CO2 Reduzierung wo immer möglich.
  • Förderung von PV-Anlagen
  • Förderung von Altbausanierung,
  • Entwicklung von Bürgerwindparks,
  • Mobilität neu denken und Infrastruktur schaffen,
  • Klimaneutralität in Bau- und Gewerbegebieten anstreben und entsprechende Vorgaben formulieren.

Wir Grüne sehen ein, dass es temporäre Sachzwänge gibt, die den Haushalt 2022 außergewöhnlich belasten. Auch wenn wir mit der Höhe des zu erwartenden Defizites große Probleme haben, stimmen wir dem Haushalt zu! Wir werden allerdings mit größter Aufmerksamkeit die zukünftige Ausgabenpolitik der Gemeinde kritisch im Blick haben, damit die Abwärtsspirale gebremst wird.

Dabei muss die Einhaltung der Klimaziele bei allen Aufgaben eine zentrale Rolle spielen!

Mit grünen Grüßen

gez. Karsten Senne